Saisoneröffnung im Imkerhof Salzburg – 3-4.3.2023
Autor: Bernd Meierhofer
Der 3. und 4. März 2023 standen im Zeichen der Saisoneröffnung im Imkerhof Salzburg. Dieses Jahr hatte sich hier der Imkerhof ein spezielles Programm für die Bienenzucht überlegt.
Abendprogramm am 3. März 2023
Facharbeiter- und Meister-Ausbildung 2023
Am Abend des 3. März informierte Hr. Dipl. Päd. Ing. Rainer Höllrigl zunächst über die Neuerungen bei der Imker Facharbeiter- und Meister-Ausbildung. Diese soll ab Herbst 2023 nun österreich-weit harmonisiert und in Teilen auch standardisiert ablaufen. Möglich macht dies ein österreich-weit abgestimmter Ausbildungs- und Prüfungsplan. Für die Facharbeiterausbildung werden nun 240 Unterrichtseinheiten (Zeitfenster: mindestens 1 Jahr) und für die Meisterausbildung 380 Unterrichtseinheiten (Zeitfenster: 2,5-3 Jahre) benötigt. In Salzburg wären sowohl ein Facharbeiter- (Beginn Ende Oktober) als auch eine Meisterkurs (Beginn Anfang/Mitte November) für 2023 geplant. Weitere Details zu diesen Kursen werden noch zu einem späteren Zeitpunkt über die Homepage des Imkerhofes veröffentlicht.
Zucht & Vermehrung von Königinnen im MiniPlus-Beutensystem
Hr. IM. WL. Herbert Pointner aus Mauerkirchen (Bezirk Braunau) setzte dann mit seinem Vortrag über die Verwendung der MiniPlus-Beuten für die Bienenzucht fort. Hr. Pointner ist Lehrer und auch ÖIB Lehrreferent.
Mit den MiniPlus-Beuten können die Imker sehr gut Reservevölker (Austausch von Altköniginnen in Wirtschaftsvölkern, Beweiselung nach Königinnenverlust) oder Ableger bilden. MiniPlus-Beuten eignen sich aber auch hervorragend für die Königinnenzucht. Auch das Ernten von Honig und das Sammeln von Pollen ist mit den MiniPlus-Beuten möglich. MiniPlus-Beuten sind somit eine ideale Ergänzung zu den üblichen Beutensystemen für Wirtschaftsvölker. Jeder Imker sollte eigentlich immer auch ein paar Reservevölker/Reserveköniginnen zur Hand haben.
Styropor-MiniPlus-Beuten haben einen klaren Wärmevorteil gegenüber Holz-MiniPlus-Beuten, da mit ihnen die Bienenvölker auch gut überwintert werden können. Falls diese nur für die Königinnenzucht eingesetzt werden, würde eigentlich auch die Bio Austria Produktionsrichtlinie den Einsatz von Styropor-MiniPlus erlauben. Da Styropor nicht UV-beständig ist, müssen Styropor-Beuten unbedingt gestrichen werden.
Zum Überwintern werden die MiniPlus-Beuten am Besten in einem Vierer-Block angeordnet. Es gibt aber auch eigene Überwinterungseinheiten für die MiniPlus-Beuten, wo 12 Rähmchen in einer Zarge untergebracht werden können. Sehr durchdacht ist hier auch das Quadri-Hive System, welches eine Unterteilung in 4 MiniPlus Völker ermöglicht. Die 12 Rähmchen können dann aber auch zu 6 Rähmchen mit Dadant-Oberträger-Maß zusammengesteckt werden.
Mittelwände für MiniPlus-Rähmchen können einfach durch Vierteln einer Dadant-Mittelwand hergestellt werden.
Befüllt werden MiniPlus-Beuten mit ca. 400 g Bienen. Mindestens aber mit 250g Bienen (2,5 Joghurtbecher). Dies entspricht der 2,5fachen Menge der Bienen in einem Apidea-Kästchen.
MiniPlus-Beuten füttert man immer von oben. Es muss beachtet werden, dass diese auch rasch durch Aufsetzen einer 2. Zarge erweitert werden müssen.
Ablauf einer MiniPlus-Befüllung im Mai-Juni:
- Das Flugloch des MP-Bodens geschlossen, das Bodengitter offen halten
- MP-Zarge aufsetzen und mit 2 Mittelwänden bestücken
- Bienen beim Schöpfen mit Wasser leicht einsprühen und in die Beute füllen
- Restliche 4 Mittelwände einhängen
- Königin im Käfig mit Futterteigverschluss in eine Wabengasse hängen
- Futterzarge aufsetzen
- Beute mit Deckel verschließen
- Beute kühl und dunkel platzieren
- 2 Liter Zuckerwasser 1:1 in die Futterzarge geben
- Nach 2 Tagen abends am Zielort aufstellen und Flugloch öffnen
MiniPlus-Völker sollten immer 3zargig überwintert werden. Jede Zarge sollte ca. 4 kg wiegen. Also in Summe 12 kg.
Mitte Februar sollten noch ca. 5 und Mitte März noch 2-3 verdeckelte Futterwaben in einem Volk vorhanden sein. Bei der Auswinterung Anfang März wird dann die unterste der drei Zargen entfernt. Ende März kann man dann mit einer Zarge mit ausgebauten hellen Waben und einem Baurahmen erweitern. Im April wird dann mit einer weiteren Zarge mit Mittelwänden erweitert. Der Stock ist dann bereits auf vier Zargen angewachsen. Um Schwärme zu vermeiden muss nun zügig erweitert oder Ableger gebildet werden. MiniPlus-Völker entwickeln sich schneller. Hr. Pointner spricht hier von einer Art „Kamineffekt“.
Expresszucht
Ein weiterer Vorteil der MiniPlus-Beuten ist das von Hrn.Pointner als Expresszucht bezeichnete Verfahren zum Aufziehen neuer Königinnen. Dieses Verfahren läuft wie folgt ab:
- Gutes Volk auswählen (Belegstellenkönigin)
- Königin mit 2 Brutwaben und 2 Honigwaben in einen MiniPlus-Ableger geben. Reihenfolge der Waben: HW – MW – 2 BW – MW – HW
- 9 Tage warten -> Weiselzellen zählen und gleich viele Ableger bilden. Reihenfolge der Waben: HW – MW – 2-3 BW – 0-1 MW – FW
- Für jeden dieser Ableger wird nun eine Weiselzelle ausgeschnitten und eingesetzt
- 14 Tage später – die Ableger sind nun brutfrei und können einer Varroabehandlung unterzogen werden
- Sobald die Waben im Ableger wieder bestiftet sind, kann die Königin gezeichnet werden
Starter & Finisher – Gemischtes Verfahren
Eine andere Variante ist die Königinnenzucht mit dem „Starter & Finisher – Gemischte Verfahren“. Der Ablauf ist wie folgt:
- Starkes Volk mit 3 Zargen BR und 3 HR auswählen
- Trennen des Volkes in:
- 1 HR (alter Boden, alter Platz, minus 2 HW)
- 3 BR (neuer Boden, neuer Platz, Flugloch 180 Grad gedreht)
- Mit Absperrgitter und Leerzarge über der HR-Zarge ca. die Hälfte der Bienen von den Brutwaben dazu kehren (Starter muss von Bienen überquellen!)
- Mit etwas Rauch durch das Absperrgitter hinuntertreiben
- Trichterzarge entfernen und Startervolk verschließen
- Drohnen und ev. Königin in den Brutteil zurück
- Verbleibende Honigräume über AG aufsetzen
- 2 verbleibende HW in Leerzarge darüber od. aufbewahren
- Bruteinheit verschließen
- Starter nach ca. 2 Stunden mit Zuchtlatte bestücken
- Nach 10 bis max. 24 Stunden die angenommenen Zellen entnehmen
- Muttervolk und Starter wieder am ursprünglichen Platz zusammenbauen und Zellen über AG im HR neben offener Brut hängen – oder
- zur Endpflege in weiselrichtige Finisher geben (über AG zwischen 2 offene BW im HR) oder Starter mit weiteren Zuchtrahmen bestücken
Auf einem MiniPlus Zuchtrahmen können entweder 7 Sockeln montiert werden oder mit zwei Reihen 14 Sockeln. Bei Verwendung von zwei Reihen bleibt aber nicht mehr genügend Platz für das Aufstecken der Verschulkäfige. Die Verschulkäfige werden 5 Tage nach dem Einhängen des Zuchtrahmens angebracht. Zu diesem Zeitpunkt sind die Larven noch unempfindlicher gegenüber Erschütterungen.
Die Nicot-Zuchtkassette Cupularve kann auch in MiniPlus-Beuten zum Einsatz kommen. Wichtig ist, dass die Zuchtkassette 1 Woche vorher bereits in ein Bienenvolk eingehängt wird, damit diese auch vom Volk mit Propolis überzogen und damit auch angenommen wird.
MiniPlus-Völker sollten möglichst mit 3 Zargen überwintert werden. Darin befinden sich dann ca. 9-10kg Futter für den Winter. Eine einzelne MiniPlus-Futterwabe enthält ca. 500g Futter.
Damit es bei den MiniPlus-Völkern nicht zu einer Räuberei kommt, ist es wichtig, dass MiniPlus-Völker niemals neben Wirtschaftsvölkern aufgestellt werden und die Fluglöcher der MiniPlus-Beuten entsprechend eingeengt werden.
Mit einer entsprechenden Trennleiste können MiniPlus-Zargen auch verwendet werden um die Brut aus Apidea-Rähmchen auslaufen zu lassen.
Zum Vereinen von MiniPlus-Völkern werden immer weisellose Völker über Zeitungspapier auf weiselrichtigen Völkern aufgesetzt.
Varroabehandlung
Natürlich muss auch der Varroabefall der MiniPlus-Völker ständig beobachtet und gegebenenfalls reduziert werden. Der tägliche Milbenabfall sollte nie über 1-2 Milben steigen. Bei einer Behandlung mit Ameisensäure sind folgende Punkte zu beachten:
- Behandlung im August / September
- ¼ Schwammtuch verwenden
- Temperatur: 20-25 Grad Celsius
- je Zarge ca. 5-8 ml (85%ige Ameisensäure)
Für eine Restentmilbung im Dezember kann dann ein Träufel-Produkt gewählt werden. Es muss jede Zarge behandelt werden. Die Dosierung muss aber entsprechend weniger sein (25-40ml).
Samstag 4. März 2023
30 Jahre Zuchtarbeit im Carnica-Zuchtbetrieb Perner
Am Samstag Vormittag bekamen wir einen Einblick in den Carnica Zuchtbetrieb Perner aus der Steiermark, welcher auf eine 30jährige Zuchtarbeit zurückblicken darf. Anna Perner konnte zunächst eine 3jährige Berufserfahrung im Bieneninstitut in Kirchhain (Hessen) sammeln. Sie wurde dann auch noch zur Tierwirtin in der Fachrichtung Imkerei am Bieneninstitut Celle (Niedersachsen) ausgebildet, ehe sie ihre Arbeit im elterlichen Carnica-Zuchtbetrieb aufgenommen hat. Anna Perner ist nun auch Vorstandsmitglied im ACA Zuchtverein.
In Österreich hat die Bienenzucht – im Gegensatz zu anderen EU-Ländern – eine vergleichsweise lange Tradition. Der Zuchtbetrieb Perner hat 1992 mit der Zuchtarbeit begonnen. Von Anfang an war der Zuchtbetrieb Perner auch ACA Mitglied. Seit 2005 werden die Zuchtdaten über die zentrale Beebreed-Datenbank erfasst und verwaltet. Die ACA arbeitet hier sehr eng mit der Arbeitsgemeinschaft Toleranzzucht (AGT) zusammen und verwendet auch das AGT-Methodenhandbuch. Bereits seit 2013 wird auch intensiv am Thema Varroatoleranzzucht (1D-Besamung, VSH, SMR/REC) gearbeitet, was dann auch rasch zu einer EurBeST-Teilnahme führte.
Vom Zuchtbetrieb Perner werden Reinzuchtköniginnen (Belegstellen-begattet und instrumentell besamt), unbegattete Königinnen, standbegattete Wirtschaftsköniginnen und gekörte Zuchtvölker angeboten. Der Zuchtbetrieb betreibt 2 ACA Belegstellen (Linienbelegstelle Pusterwald auf 1250m Seehöhe (30 Vatervölker, ca. 2000 Auffuhren pro Jahr), Varroatoleranzzucht-Belegstelle Bretsein auf 1.200m Seehöhe (30 Vatervölker, ca. 2200 Auffuhren pro Jahr)) und eine Besamungsstelle.
Aufzuchtverfahren
Fr. Perner gab uns dann auch einen kurzen Einblick in das im Zuchtbetrieb Perner verwendete Aufzuchtverfahren. Die Qualität der entstehenden Königinnen ist wesentlich von der Pflege der Larven abhängig. Pflegevölker müssen daher
- gesunde und starke Völker mit genügend Ammenbienen sein
- viele Bienen auf engsten Raum haben
- über ausreichend Futter- und Pollenvorrat verfügen
- keine unruhigen bzw. aggressiven Völker sein
Zum Umlarvtermin werden reichlich Ammenbienen mit stark ausgeprägten Futtersaftdrüsen benötigt. Man muss daher darauf achten, dass 40 Tage vor dem Zuchtbeginn eine gute Futter- und Pollenversorgung gewährleistet ist. Also bereits vorab einen passenden Überwinterungsstandort auswählen und gegebenenfalls füttern. Die Arbeiterinnenlarven müssen richtig im Futtersaft schwimmen. Dies ist an glänzenden Zellböden erkennbar.
Wie bildet man nun ein Pflegevolk?
Die Königin wird aus dem Volk entnommen und mit ihr ein Ableger gebildet. In das Pflegevolk gelangen nur Futter-, Pollen- und verdeckelte Brutwaben. Überschüssige Waben werden auf andere Völker verteilt. Das gesamte Volk wird auf eine Zarge zusammengestaucht. Über ein Absperrgitter im Boden wird sichergestellt, dass keine fremde Königin über das Flugloch in das Pflegevolk einziehen kann.
Nach ca. 3-4 Stunden tritt eine Weiselunruhe ein. Nun kann der Zuchtrahmen zwischen die Brutwaben eingehängt werden. Es muss nun darauf geachtet werden, dass das Pflegevolk auch ausreichend mit Futter versorgt wird. Bei fehlender Tracht muss also gefüttert werden. 5 Tage nach dem Umlarven (kurz nach der Verdeckelung) werden dann die Königinnenzellen verschult. Damit können die Königinnenzellen bei Schlechtwetterphasen nicht abgetragen bzw. bei guter Tracht nicht verbaut werden. Nach dem Schlupf der Königinnen werden diese einer Sichtkontrolle unterzogen. Alle Gliedmaßen und die Flügel müssen vollständig entwickelt sein, das äußerliche Erscheinungsbild muss stimmen und die Königin muss ausreichend groß sein.
Dann werden die Begattungseinheiten erstellt. Hierfür wird ein gutes Bienengemisch aus gesunden und starken Völkern benötigt. Auch die Menge ist wichtig. Nicht zu viele aber auch nicht zu wenige Bienen. Hauptsächlich werden aber Jungbienen benötigt, da es bis zur Eilage der Königin noch ca. 3 Wochen dauern kann. Für Belegstellen muss sichergestellt werden, dass die Begattungseinheiten 100% drohnenfrei sind. Die Begattungseinheiten benötigen auch einen ausreichenden Futtervorrat (für 3 Wochen). Nachfüttern der Begattungseinheiten ist zu vermeiden, da dieses nur Unruhe und Räuberei verursachen würde. Vor der Verbringung der Begattungseinheiten auf die Belegstellen müssen diese noch für 3-5 Tage bei 15-18 Grad Celsius in Kellerhaft. In der Kellerhaft bilden die Bienen mit den Jungköniginnen eine Volkseinheit und beginnen mit dem Wabenbau. Die Begattungseinheiten dürfen nicht zu dicht aufgestellt werden, da die bauenden Bienen auch Wärme erzeugen.
Königinnenzucht ist Terminarbeit. Es ist daher notwendig, dass vor der Zucht entsprechend detaillierte Zeitpläne erstellt werden.
Fr. Perner machte klar, welcher Arbeitsaufwand mit dem Betrieb einer Belegstelle verbunden ist. Es müssen die Drohnenvölker gebildet werden, welche auf der Belegstelle bei Trachtmangel auch entsprechend gefüttert werden müssen. Weite Anfahrtswege und eine mehrmaliger Belegstellendienst pro Woche machen den Belegstellenbetrieb auch sehr zeitintensiv. Erschwerend kommt hinzu, dass man sich beim Betrieb der Belegstellen auch um die Aufrechterhaltung der Schutzzonen (Aufklärung und Überzeugungsarbeit bei den angrenzenden Imkern) kümmern muss.
Worin liegt eigentlich der Wert der Belegstellen?
Für Züchter sind Belegstellen wichtig um die genetische Vielfalt in einer Population zu erhalten und um einen Zuchtfortschritt zu erreichen und auch weitergeben zu können. Imker profitieren von diesen Zuchtfortschritten. Sie bekommen über Belegstellen die Möglichkeit ihre Königinnen mit hochwertiger Genetik anzupaaren. Untersuchungen zeigen, dass mit kontrollierter Paarung die größten genetischen Fortschritte in einer Zuchtpopulation erreicht werden können.
In einem Vortrag über Zucht durfte natürlich auch eine Begriffserklärung des Begriffs „Zucht“ nicht fehlen. Zucht ist definitiv mehr als nur die Vermehrung von Königinnen. In der Zucht geht es um den Erhalt und die Steigerung von gewünschten Eigenschaften und die Auslese von unerwünschten Eigenschaften.
Brauchen wir überhaupt Zucht?
In der Natur geben Tiere die besser angepasst sind (an Witterung, Krankheiten etc.) ihre Gene weiter und überleben. Somit haben sich auch die 28 Unterarten unserer westlichen Honigbiene ausgebildet. Die Imkerei steht derzeit aber vor großen Herausforderungen. Lebensräume verändern sich, Klimaveränderungen, intensive Landwirtschaft, Einsatz von Chemikalien, hohe Völkerdichten, Bienenhandel, Parasiten, Krankheiten, Globalisierung etc. Uns Imkern muss klar sein, dass wir mit unserem imkerlichen Handeln (Füttern, Varroabehandlung, Völker verstärken etc.) auch in die natürliche Selektion eingreifen, wodurch letztendlich jene Völker überleben und ihre Genetik weitergeben, für die wir uns entschieden haben. Somit ist die Frage nach der Notwendigkeit der Zucht eigentlich nur eine rhetorische Frage.
Wichtig bei der Zucht ist aber, dass wir bei allen züchterischen Maßnahmen die langfristigen Auswirkungen betrachten und stets neueste Erkenntnisse einfließen lassen. Züchten heißt denken in Generationen. Erfolgreiche und nachhaltige Zuchtarbeit braucht Planung und Struktur. Eine gute Bienen-Zuchtarbeit berücksichtigt neben imkerlichen Aspekten wie Produktivität (Honigleistung) und Verhalten (Sanftmut, Wabesitz, Schwarmneigung, Volksstärke …) der Bienen gleichzeitig auch die Vitalität und Krankheitsresistenz (Hygieneverhalten, Überwinterungsfähigkeit, Varroatoleranz …) der Bienen. Die gesetzten Zuchtziele gilt es in Folge dann im Rahmen einer Leistungsprüfung zu überprüfen. Die ACA bedient sich hierbei des AGT Methodenhandbuchs. Für eine objektive Beurteilung von Zuchtköniginnen es notwendig, dass diese unter möglichst gleichen Bedingungen geprüft werden (gleicher Aufbau der Prüfvölker, gleicher Standort, gleiche Betriebsweise). Sanftmut, Wabensitz und Schwarmneigung werden mindesten 3 x im Prüfjahr mit den Noten 1 bis 4 bewertet. Der Honigertrag wird bei jeder Honigernte durch Abwiegen festgehalten. Die Volksstärke wird bei der Ein- und Auswinterung und regelmäßig in der Saison (März bis Juli) notiert. Dabei werden die besetzten Wabengassen gezählt. Eine Wabe gilt als besetzt, wenn diese mit mehr als 70% mit Bienen besetzt ist.
Wie sieht es im Zuchtbetrieb Perner nun bzgl. der Varroatoleranzzucht aus?
Folgende Selektionsmerkmale gilt es zu beachten:
- Varroabefallsentwicklung
Normalerweise verdoppelt sich der Varroabefall alle 3-4 Wochen. Völker mit einer erhöhten Varroaresistenz zeichnen sich durch einen geringeren Befallsanstieg aus. Daher muss der Varroabefall regelmäßig erhoben werden (Frühjahr: Messung des natürlichen Milbenabfalls mittels Windeln 3 x im Abstand von 7 Tagen (ein Brutzyklus), Sommer: Entnahme von Bienenproben (ca. 50g) alle 3 Wochen, Auswaschen der Milben mittels Seifenwasser oder Puderzuckermethode anwenden, Schadschwelle = mehr als 4 Milben / 10g Bienen). - Bruthygieneverhalten
Hier wird der Nadeltest eingesetzt. Die Bienen erkennen geschädigte Brutzellen, öffnen diese und räumen diese aus. Dieser wird mindesten 2 x pro Saison angewendet. Für den Nadeltest wird eine Schablone (10 x 10 Zellen umfassend), ein wasserfester Stift und eine Insektennadel (Stärke 000) benötigt. Beim Nadeltest werden Brutwaben mit einem jungen Puppenstadium (weiß-hellrosa Augen) mittig angestochen. Nach 6 Stunden wird dann ausgewertet, wie viele der angestochenen Zellen von den Bienen nicht ausgeräumt wurden - Recapping: das Öffnen und erneute Verschließen von Brutzellen
Hierfür ist eine Untersuchung mit einem Mikroskop notwendig, da nur auf der Unterseite des Zelldeckels wirklich gut erkannt werden kann, ob hier der Kokon der Puppe beschädigt wurde - Supressed Mite Reproduction (SMR): Einschränkung der Milbenvermehrung
Hierfür ist eine Untersuchung mit einem Mikroskop notwendig. Es werden hier die Milben in den Zellen überprüft, ob diese zum Zeitpunkt des Schlupfes der Biene überlebens- bzw. fortpflanzungsfähig wären. Dabei gilt folgende Einteilung:
Muttermilbe ohne Nachkommen = unfruchtbar
kein Männchen = nicht vermehrungsfähig
zu junge Entwicklungsstadien der Milbennachkommen = verzögert - Varroa Sensitve Hygiene (VSH): Gezieltes Öffnen und Ausräumen befallener Zellen
Frau Perner gab dann auch noch einen kurzen Einblick in die beebreed-Datenbank. Dort können die Zuchtwerte und die Stammbäume der Königinnen abgefragt werden. Bei der Zuchtbuchnummer bedient man sich folgender Nomenklatur: Land – Zuchtorganisation – Züchternummer – Königinnennummer – Zuchtjahr. ACA hat als Zuchtorganisation die Nummer 99. Ein Beispiel einer ACA-Zuchtbuchnummer würde somit wie folgt aussehen: AT-99-123-5-2021
Ihren Vortrag beendete Fr. Perner mit einem Appell, dass wir unbedingt die rassetypischen Merkmale unserer Bienen erhalten müssen. Carnica-Züchter verstärken die positiven Eigenschaften der Carnica-Bienen durch Selektion. Es wird nichts hineingezüchtet was nicht schon genetisch veranlagt ist.
Die Hauptziele der Carnica-Zucht sind:
- Erhalt der genetischen Vielfalt der Population
- Erhalt der Diversität
- Die Unterart Apis mellifera carnica durch züchterische Maßnahmen verbessern und sie in ihrem Ursprungsgebiet und am Weltmarkt zu erhalten
Fr. Perner wünscht sich, dass die Schutzkreise um die Belegstellen ausgedehnt werden. Sperrkreise mit einem Radius von 4 km sind zu klein. Sperrkreise mit 7, 12 oder noch mehr Kilometer wären wünschenswert und zum Schutz unserer heimischen Bienenrassen vermutlich auch dringend notwendig.
Zuchtkurs 2023
Nach einem netten gemeinsamen Essen im Kirchenwirt in Koppl setzte Thomas Renner die Vortragsserie mit einem kurzen Theorieteil zur Zucht und den zur Zucht benötigten Materialien fort. Jeder der mit der Zucht beginnt, sollte sich mindestens 5 Apideakästchen besorgen. Außerdem werden Zeichenstifte oder Opalithplättchen, ein Umlarvlöffel, ein Abfangkolben und ein Zuchtsystem (Nicot oder Jenter) benötigt.
Andreas Freundlinger wird dankenswerterweise einen Carnica-Zuchtkurs abhalten. Dieser findet am 27.5.2023 um 09:00 Uhr in Eugendorf in der Hammermühlstraße 6 statt. Bei Fragen bitte direkt mit Andreas Freundlinger Kontakt aufnehmen (Tel: 0664/73557238)!
Resümee
Ich möchte mich an dieser Stelle recht herzlich bei allen Vortragenden für die tollen Vorträge bedanken! Weiters natürlich auch bei Thomas Renner und dem Imkerhof-Team, welche diese Veranstaltung organisiert und mit der gewohnten Professionalität durchgeführt haben. Es hätten sicherlich noch mehr Imker dieses Angebot annehmen können und sollen. Sehr erfreulich ist es, dass immer mehr Imker erkennen, wie wichtig es ist, dass wir unsere heimischen Bienenrassen (Dunkle Biene und Carnica) erhalten und schützen müssen. Mit Anna Perner hat unsere Carnica-Biene aber eine junge, engagierte Patin, welche aufgrund ihrer Ausbildung und ihrer langjährigen Erfahrung im elterlichen Betrieb sich bereits sehr gut um unsere Carnica-Biene kümmert und sicherlich auch noch in der Zukunft kümmern wird. Davon bin ich überzeugt. Danke Anna!
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